Strassenkreuzer Uni: Das Gewicht des Gutachtens

Wie psychiatrische und psychologische Gutachten für Straftäter erstellt werden, erfahren die 27 Teilnehmer der Straßenkreuzer Uni heute von Prof. Dr. Martin Krupinski aus Würzburg. Der forensische Facharzt für Psychiatrie erklärt, dass derlei Gutachten erstellt werden müssen, weil die Schuldfähigkeit des Patienten festgestellt, eine Kriminalprognose getroffen und sozialrechtliche Fragen und Entschädigungsgründe für die begangene Tat geklärt werden müssen. 

Die Arbeit eines Forensikers ist äußerst verantwortungsvoll und diffizil. Aufgrund der Aktenlage verschafft sich Krupinski zuerst ein Bild des Angeklagten. In einem persönlichen Gespräch befragt er ihn zur Tat und erstellt hernach Befunde und führt Untersuchungen durch. Wenn eine Diagnose erstellt ist, kann dann entschieden werden, wie medizinisch und juristisch vorgegangen wird. Bestrafungen dienen gesellschaftlich gesehen als Vergeltung, Abschreckung für den Einzelnen und für die Allgemeinheit, Wiedergutmachung und als Resozialisierung. Ein Straftäter kann nach StGB §20 schuldunfähig wegen seelischer Störung oder nach StGB §21 vermindert schuldfähig gesprochen werden. Das Urteil lautet dann: Maßregelvollzug. Der Verurteilte wird dann in eine forensisch-psychiatrische Klinik eingewiesen. Die anschließende Sicherungsverwahrung wird nur angeordnet, wenn davon ausgegangen werden muss, dass es zu keiner Strafeinsicht und Verbesserung der psychischen Verfassung kommen wird. Krupinski beruhigt aber damit, dass weniger als ein Prozent der Straftäter diesen Weg gehen. Und dass auch Gutachter dann und wann begutachtet werden, wenn ein Fehlurteil nicht auszuschließen ist.

Text: Sandra Dichtl 
Bilder: Thomas Slawik und Walter Schindler
14/11/2018

Strassenkreuzer Uni: Ist das Böse angeboren?

Mit 81 Zuhörern klären wir in unserer ersten Vorlesung des Semesters die Frage, ob das Böse angeboren sei. Die Juristin Gabriele Kett-Straub zeigt Bilder von Serienmördern und Schwerverbrechern und widerlegt die Annahme, dass man das Böse jemandem ansehen kann. Sie bemerkt, dass Kriminalität zu unserem Alltag gehört. Kleinere Delikte, wie Ladendiebstahl, begeht fast jeder von uns in der Kindheit oder Jugend. Damit ist jedoch keine kriminelle Karriere programmiert. Aber viel weniger Frauen als Männer werden straffällig. Ist das Böse also angeboren? Tatsächlich kann man sagen, dass Männer aufgrund des Hormons Testosteron aggressiver und gewaltbereiter sind als Frauen. Jedoch könnten die meisten von uns Kriminelle werden, wenn nicht das Elternhaus, die Schulbildung und das soziale Umfeld positiven Einfluss auf unsere moralische Erziehung nehmen. Und der Konsum von Alkohol enthemmt den Menschen und macht ihn damit anfälliger für aggressive und strafbare Handlungen. 26 Prozent aller Delikte werden unter Einfluss von Alkohol begangen. Jedoch gibt Kett- Straub auch zu bedenken, dass die Kriminalstatistik den Rückgang krimineller Taten belegt und in Deutschland so wenige Straftaten wie seit 25 Jahren nicht mehr begangen werden. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer solchen zu werden, ist also sehr gering. 

Text: Sandra Dichtl 
Fotos: Barbara Kressmann und Thomas Slawik
06/11/2018

Straßenkreuzer Uni: Wo die Kriegsverbrecher saßen

Endlich beginnt das Wintersemester der Straßenkreuzer Uni. Und dann auch noch mit einer Lehrfahrt! 37 Teilnehmer nutzen die einmalige Chance, hinter die dicken Mauern der Justizvollzugsanstalt zu kommen und das historische Nürnberger Zellengefängnis zu besuchen. Geführt werden wir von dem Experten Frank Edelmann und dem Leiter der JVA Thomas Vogt. 150 Jahre Gefängnisgeschichte gibt es zu berichten, aber die Erzählungen von Edelmann konzentrieren sich auf die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, wo hier die Kriegsverbrecher der Nazizeit in Einzelhaft einsaßen und auf ihren Prozess warteten. Wir erfahren, wie Hermann Göring an das Zyankali kam, womit er sich sich selbst umbrachte und wie dilettantisch der, von den amerikanischen Besatzern eingesetzte, Henker die Galgen baute und die zehn Todesurteile vollstreckte. Von dem einst sternenförmigen Bau sind heute nur noch der Westflügel, der Kirchenflügel und die Zentralhalle erhalten. In Begleitung zahlreicher interessanter Geschichten aus der Zeit der Kriegsverbrecherprozesse werfen wir am Ende noch einen Blick in einzelne Zellen und Sanitäranlagen und sind dann doch recht roh, wieder am Ausgang zu stehen und uns auf die nächste Veranstaltung der Uni freuen zu dürfen, mit der der Themenblock: „Die Schwere der Schuld“ fortgesetzt wird.

Text: Sandra Dichtl 
Fotos: Walter Schindler
02/11/2018