Hoch die Tassen

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Ein stimmungsvolles Fest hat das zwölfte Semester der Straßenkreuzer Uni abgeschlossen. Rund 70 Gäste, darunter Hörer, Dozenten und Unterstützer des kostenlosen Bildungsangebotes feierten im Saal der Heilsarmee.

Die „klugen, überlegten Fragen und die große Aufmerksamkeit“, sagte Anna Büllesbach, hätten sie beim Besuch der Straßenkreuzer Uni beim UNHCR besonders beeindruckt.

Die Leiterin des Nürnberger Büros der Flüchtlingshilfsorganisation überreichte 45 Urkunden an Hörer, die besonderes Durchhaltevermögen bewiesen haben.

Insgesamt nahmen 367 Interessierte an zwölf Veranstaltungen und den elf Terminen des Holzworkshops im Wintersemester 2015/16 teil. Am besten besucht war die Reihe „Gewissen“ vor „Zum Fürchten“, „Mit Volldampf in die Krise“ und „Noch mehr Grün“.

Was sie erlebt haben, was im Gedächtnis blieb – das konnten die Feiernden ausgiebig besprechen, bei Speis und Trank und mit der wunderbar zarten musikalischen Untermalung des Trios „Mocha“.

28/01/2016

Was auf dem Gewissen lastet

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Ein Witz ist das Erste, was Stadtdekan Hubertus Förster erzählt. Kommt ein wortkarger Mann zur Beichte. Wie immer eigentlich, sagt er. Und der Priester hält sich ebenso knapp: „Dann hammers ja wieder.“

Selten freilich ist Schuld so leicht gestanden und das Vergeben so schnell geschehen.

Denn Schuld, das wissen auch die 42 Hörer der Straßenkreuzer Uni im „Fenster zur Stadt“, lastet auf dem Gewissen. Das Alte Testament, berichtet der katholische Stadtdekan, kennt kein Wort für Gewissen – aber schon Adam und Eva haben sich, nachdem sie vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, unter Blättern versteckt. Ein Bewusstsein für Schuld hatten sie also.

Auch wenn heutzutage Kinder heranwachsen, lernen sie, was richtig und was falsch ist. Diese Lebensregeln fasst die Religion in Geboten zusammen, der Staat schafft Gesetze. Aber was ist dann Sünde? Die „Schuld vor Gott“ könne jeder nur selbst definieren, sagt Hubertus Förster.

Diese Schuld wird in der Beichte – die inzwischen häufig als seelsorgerisches Gespräch geführt wird, bei dem Priester und Beichtender einander am Tisch gegenüber sitzen – vergeben. Aber es gehört für Gläubige auch die „Umkehr nach der Beichte dazu, man muss den Lebensstil ändern“.

20/01/2016

Gehen müssen, bleiben dürfen

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„Ich bin plötzlich gut“, staunt Anna Büllesbach, „ich komme nicht aus einem Land der Verbrecher, sondern aus einem, das Vorbild ist weltweit.“

So beschreibt die Leiterin des Nürnberger Büros des Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Reaktionen, die Kollegen aus aller Welt ihr entgegenbringen.

Deutschland ist Musterland für den Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen. Eine Million kamen im vergangenen Jahr. „Wir sind verpflichtet, diesen Menschen zu helfen“, sagt Anna Büllesbach. Rechtlich wie moralisch.

Vor 40 Hörern der Straßenkreuzer Uni, die im Konferenzsaal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Platz genommen haben, rückt sie die Fakten gerade. Dass die Mehrzahl der Flüchtlinge weltweit im eigenen Land heimatlos ist oder in Lagern in Anrainerstaaten lebt, nur ein Zehntel der Menschen aus Not- und Kriegsgebieten überhaupt erreicht die Industriestaaten.

Sie erklärt, nach welchen Kriterien über Asylanträge entschieden werden und diskutiert darüber, was mit den Verantwortlichen für Vertreibung und Völkermord geschehen muss oder was die UNO beispielsweise im Fall von Syrien erreichen kann.

„Man darf nie die Verhandlungen aufgeben“, sagt Expertin und plädiert für eine realistische Einschätzung und eine zuversichtliche Haltung.

07/01/2016

Lohnen gemeinsame Werte?

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Damit ein Mensch wie ein Mensch leben kann, sagt Barbara Lochbihler, muss er frei von Not sein und frei von Furcht.

Diese Grundbedingungen, auf denen alle Menschenrechte fußen, stellt die Europaabgeordnete an den Beginn ihres Vortrags in der Straßenkreuzer Uni im Südstadtforum.

Sie ist ausgewiesene Expertin: Zehn Jahre lang war sie Geschäftsführerin von Amnesty International in Deutschland, bevor sie 2009 ins Europäische Parlament gewählt wurde. Auch dort sind Menschenrechte ihr Thema.

Diese einzuhalten, haben sich die 28 Staaten der Europäischen Union verpflichtet – und jetzt stellt die Flüchtlingskrise stellt die EU vor eine Zerreißprobe und ihre Solidarität mit Notleidenden auf die Probe. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so rapide runtergeht“, gesteht Barbara Lochbihler.

Die Grünen-Abgeordnete zitiert eine Rede von Kommissions-Präsident Juncker, der alle Staaten mahnte, sich zu erinnern, dass  „wir ein Kontinent der Aus- und Einwanderung sind“. Sie ist überzeugt, dass die aktuelle Grenzschließungs-Politik der EU das Problem allenfalls verschiebt.

„Die Flüchtlinge sind nicht dumm oder lebensmüde, sie sind verzweifelt.“ Zäune würden Menschen, die vor Krieg und Not fliehen, kaum aufhalten.

18/12/2015

Ungeheuern lauschen

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„Ist die Geschichte wirklich wahr?“ Nur Kinder trauen sich das zu fragen, wenn Martin Ellrodt erzählt.

Dabei lauschen Erwachsene den ungeheuerlichen Geschichten aus aller Welt genauso gebannt. Auch die 30 Hörerinnen und Hörer der Straßenkreuzer Uni im Domus Misericordiae.

Sie sitzen mucksmäuschenstill, als der Geschichtenerzähler von Paddy Ahern berichtet, der, begleitet von drei unheimlichen Gesellen, seinen eigenen Sarg durch die Nacht getragen hat und dabei das Erzählen lernte.

Oft folgen solche mündlich weitergegebenen Geschichten einem Muster, dem Monomythos: Held sitzt zuhause, das Abenteuer klopft an und der Held macht sich zögernd auf, überwindet alle möglichen Hindernisse, stellt sich der Konfrontation mit Ungeheuern oder Herausforderern, bevor er nach Hause zurückkehrt – ausgestattet mit neuen Erfahrungen, einem Mitbringsel oder gar der Liebe.  Dann ist alles bekannt und doch ganz anders als zuvor. Warum verzaubern uns die Geschichten so, wenn sie gekonnt vorgetragen werden?

Sie sprechen uralte Muster aus der menschlichen Entwicklungsgeschichte wurzeln, vermutet Martin Ellrodt. Sie unterhalten uns, wir wollen sie immer wieder hören. Und ob eine Geschichte dann wirklich passiert ist, ist unwichtig. Nur wahr sollte sie sein. So wie die von Paddy Ahern.

15/12/2015