Straßenkreuzer warnt vor dreister Betrügerin

Frau erbettelt Geld für “soziale Projekte”

Nürnberg – Das Sozialmagazin Straßenkreuzer warnt vor einer Betrügerin: Eine junge Frau erbettelt offenbar Geld, indem sie vorgibt, für diverse soziale Projekte zu sammeln.

Mal erkläre die 20 bis 30 Jahre alte Frau, sie sammle für den Straßenkreuzer, mal sind die Spenden angeblich für kleine Kinder oder die Wärmestube. Sie trage einen anscheinend selbst gebastelten Ausweis bei sich und wird als Osteuropäerin beschrieben, heißt es in einer Pressemitteilung des Straßenkreuzers.

Immer mehr Leser, denen das seltsame Treiben der Frau auffällt, melden sich in der Redaktion des Sozialmagazins. Die Frau ist in Nürnberg, zum Teil aber auch in Lauf an der Pegnitz unterwegs. Sie wurde bereits vor dem Frankencenter in Langwasser und beim Edeka-Markt in Zerzabelshof gesehen. Dort erzählte sie beispielsweise einer langjährigen Straßenkreuzer-Leserin, sie sammle Geld für Windeln.

In Lauf wunderte sich Georg Schweikert, Mitarbeiter des Landtagsmitglieds Thomas Beyer (SPD), über die junge Frau. Die beiden betreuten einen Informationsstand in der Innenstadt. Die Frau bettelte und bot dabei einen Straßenkreuzer an. Als Schweikert sie zur Rede stellen wollte, lief sie davon.

Ilse Weiß, Chefredakteurin des Sozialmagazins, zeigte sich „entsetzt und zornig, weil sich diese Frau auf Kosten Armer und sozial Benachteiligter bereichert und das Mitgefühl ihrer Mitbürger/innen schamlos ausnutzt“.

Sie stellt klar, dass Mitarbeiter des Straßenkreuzers keine Almosen sammeln. Alle gut 50 Frauen und Männer, die als Verkäufer registriert sind, tragen immer gut sichtbar einen Ausweis mit Bild bei sich.

Journalisten und Fotografen erarbeiten jeden Monat das Sozialmagazin. Die Verkäufer sind Menschen mit wenig Geld, Langzeitarbeitslose, mittellose Rentner und Obdachlose. Sie kaufen den Straßenkreuzer für 90 Cent pro Stück im Vertriebsbüro in der Wärmestube.

Dann verkaufen sie das Heft für 1,80 Euro weiter. So eröffne sich ihnen eine Chance auf Beschäftigung, Eigenverantwortung, Selbstwertgefühl und nicht zuletzt Kommunikation mit anderen Bürgern. Die fünf festangestellten Verkäufer zeigten, dass sich Perspektiven schaffen lassen. „Wir freuen uns sehr über den großen Rückhalt in der Öffentlichkeit“, so Weiß. „Betteln ist nicht unser Weg.“

Nürnberger Zeitung, 22.10.2011

Wenn Spenden nicht leichtfällt

Lions-Club Nürnberg Franken engagiert sich für Problemfälle

Nürnberg  – Spenden sammeln für Kinder in Not ist einfach. Geht es um bedürftige Jugendliche oder Erwachsene, die obdachlos und vielleicht sogar suchtkrank sind, gibt es dagegen oft Hemmschwellen.

Der Lions-Club Nürnberg Franken spendete nun jeweils 500 Euro an Mudra, Lilith, Sleep-In und die Heilsarmee. Eine einmalige Sache soll das jedoch nicht bleiben.

„Die Teilnahme an einer ,SchichtWechsel‘-Führung hat zu einem neuen Denken im Club geführt“, erzählt Eberhard Stegner, der bis Juli Vorsitzender des Lions-Clubs Nürnberg Franken war. Bei „SchichtWechsel“ führen ehemalige Obdachlose Gruppen zu verschiedenen Nürnberger Hilfseinrichtungen und stellen diese vor. Angeregt durch die Teilnahme an einer dieser speziellen Stadtführungen hat der Lions-Club Nürnberg Franken begonnen, nicht mehr nur „Wohlfühlspenden“ zu sammeln. Neben Kindern sollen auch Jugendliche und Erwachsene unterstützt werden.

Stegner räumt ein, dass die Annäherung an Obdachlose und Drogenabhängige zunächst schwierig sei. Doch die „SchichtWechsel“-Führungen tragen dazu bei, Barrieren abzubauen. Dem kann Ilse Weiß, Chefredakteurin des Magazins „Straßenkreuzer“, das die Führungen 2008 ins Leben gerufen hat, nur beipflichten. Betroffene würden nicht wie Tiere vorgeführt, stattdessen gebe es Begegnungen auf Augenhöhe. „Der Zoo findet doch nur im eigenen Kopf statt“, bemerkt sie.

Einer, der die Erfolge der „SchichtWechsel“-Führungen hautnah miterlebt, ist Jürgen Heiß. Fünf Jahre, so sagt er, habe er „in Nürnberg Platte gemacht“. Dank seiner Arbeit als „Straßenkreuzer“-Verkäufer und Stadtführer kann er sich seit Februar 2010 eine Wohnung leisten. „Bei jeder Führung erlebe ich neue Charaktere“, erzählt Heiß. Unter den rund 7000 Menschen, die an den Führungen bereits teilgenommen haben, waren auch schon Gruppen aus Afrika. Und wer hätte gedacht, dass er mal mit einem Mann wie Eberhard Stegner auf Du und Du stehen würde?

Wissen die Organisationen schon, was sie mit dem unerwarteten Geldsegen anfangen möchten? – Mudra und die Heilsarmee stecken die 500 Euro in bereits laufende Sanierungsarbeiten. Auch beim Sleep-In stehen Umbauarbeiten an, zunächst sollen die 500 Euro jedoch für Einzelschicksale zurückgelegt werden. Bei Lilith hat man sich noch nicht festgelegt; vermutlich wird die Spende jedoch in den Secondhandladen fließen.

Nürnberger Zeitung, 5.8.2011

Messner will künftig Spielfilme drehen

Nürnberg (dpa) – Der Südtiroler Extrembergsteiger Reinhold Messner (66) will künftig Spielfilme drehen. Die Produktionen sollen die Begegnung zwischen Mensch und Wildnis zeigen, sagte Messner der Nürnberger Obdachlosenzeitung «Straßenkreuzer».

Nachdem er Anfang Juli sein fünftes Messner Mountain Museum eröffnet habe, suche er nun eine neue Aufgabe. «Der Film hat Bilder, Sprache, die Musik und vielleicht auch Gerüche – man kann vollständig in Emotionen eintauchen. Niemand muss mehr selbst auf den Mount Everest steigen», betont er in der August-Ausgabe des Blattes.

An seiner Leidenschaft für das Bergsteigen habe sich trotz seines Alters nichts geändert. «Vor einer Woche war ich mit meinem Sohn in einer senkrechten Wand, 1000 Meter hoch. Es war wieder wie früher: Ich fühlte mich unglaublich wach, der Adrenalinspiegel ist am Anschlag.» Trotzdem sei Bergsteigen schizophren: «Dorthin zu gehen, wo man umkommen kann, um nicht umzukommen», sagte Messner.

sueddeutsche.de – erschienen am 30.07.2011 um 11:11 Uhr

Zweite Lesung der Straßenkreuzer-Schreibwerkstatt

Begeisterten Menschen einen tierischen Spaß bereitet. Ilse Weiß stellte Autoren mit Lebens-Geschichten vor

„Schämen sollten sich wirklich nur solche Menschen, die andere nötigen, sich zu schämen.“ So brachte Inge Tusjak ihre Gedanken zum zentralen Monatsthema Scham zu Papier, mit dem sich die Schreibwerkstatt des Nürnberger Sozialmagazins „Straßenkreuzer“ befasst hatte. Nachdenklich stimmte damit die Redakteurin Ilse Weiß die Zuhörer in der „Kräuterapotheke“, wo sie zum zweiten Mal mit Autoren aus ihrem Team bei den Lesungen des Fränkischen Freilandmuseums zu Gast war. Da man sich wunderbar angenommen fühle, habe man sich über die neuerliche Einladung sehr gefreut und mit Spannung erwartet, ob man an den Erfolg des Vorjahres anknüpfen könne, auch wenn es einzelne thematische Wiederholungen geben sollte.

„Szenen-“ und langanhaltender Schlussapplaus sollte diese Frage ebenso klar beantworten wie Komplimente aus dem Zuhörerkreis, aus dem den Autoren „großer Respekt“ gezollt wurde. Und Ilse Weiß durfte Anerkennung für ein interessantes Projekt genießen, mit dem viele Menschen aufmerksam auf die zwar zum Stadtbild Nürnbergs gehörenden, aber oft nur im Vorbeihasten „wahrgenommenen“ Verkäufer des „Straßenkreuzers“ gemacht werden, Interesse für die Geschichten geweckt wird, die buchstäblich das Leben schreibt.

Wie etwa jene von Heiko Lenthe, bekennender „Franke mit Herzblut“, der nach langer Zeit in die Heimatstadt Nürnberg zurückkehrte und sich „derham“ wusste, als ihn beim bedächtigen Aussteigen aus dem Zug eine bar-
sche Stimme aufforderte: „Du Doldi, mach die Tür frei“. Oder jene von Jürgen Weiß, der fünf Jahre „Platte“ gemacht, also auf der Straße gelebt hatte, bei der morgendliche Toilette in einer der Sozialeinrichtungen eine Aftershaveprobe geschenkt bekommen hatte und sich später von zwei „aufgestylten“ Passantinnen die zynische Bemerkung anhören musste: „Den Straßenkreuzer verkaufen, aber nach Armani riechen“. Oder der in honoriger Runde Stadtoberhaupt Maly vorrechnete, was die Stadt im Jahr an seinen dringenden Bedürfnissen verdient, um bei einem anderen Empfang von der ehemaligen Bundesministerin Renate Schmidt lauthals als der Mann identifiziert zu werde, „der für 600 Euro pieselt“.

Während Heiko Lenthe aus seinen Geschichten las – darunter auch eine aus dem „Worte-Schreib-Spiel“, bei dem aus einzelnen Schlagworten aus der Runde in kurzer Zeit Texte formuliert werden – bevorzugte Weiß die Rolle des Erzählers, der das Herz auf der Zunge trägt, munter auch einen Dialog unter Zigaretten(marken) schildert und bei der Werbung für das Stadtführerprojekt erkennen lässt, wie vital dabei Nürnberg aus spezieller Perspektive erlebt werden kann.

Seine ganz eigene Ausdrucksweise mit dem schnell auf den Punkt gebrachten Inhalt eines Romanes hat Waldemar Graser vor zweieinhalb Jahren in den Haiku gefunden. Im Fünf-Sieben-Fünf-Silben-Rhythmus stehen Brech-Bohnen für die im Gemüse lauernde EHEC-Gefahr, wird dem Blauwal Abstinenz empfohlen, kommt der Meister der Würze in der Kürze vom Wal über die Walnuss zur Wal-purgisnacht oder macht sich seinen „Reim“ darauf, dass zunächst jeder Grashalm versorgt und dann „der Rasen gesprengt“ wird.

Ilse Weiß, sensibler Impulsgeber für den Mut, Gefühle zu Papier zu bringen, vertrat eine Autorin mit deren Beitrag zum Thema Scham, in dem sie als betrogene Frau der eigenen Seele auf den Grund geht. Eine Frau, die sich von dem erfahrenen Betrug zum Narren gehalten fühlt, „weil du nicht schlau genug warst, ihn zu durchschauen“; der dich „einer Erinnerung beraubt, die falsch ist“… „gemeinsam verbrachte Jahre überbracht werden müssen“.

So gestaltete sich die Lesung der „Straßenkreuzer-Autoren“ erneut so vielfältig wie das Leben und die von ihm geschriebenen Geschichten. Dass sich der Mensch – auch bei zweifellos einigen nachwirkenden Gedanken – über solches Erleben tierisch freuen kann, stimmte das Publikum gerne mit Jürgen Heiß überein, der über einen vermeintlichen Widerspruch philosophierte. Etwa wie in Lebenspartnerschaften mit der Zeit aus dem Häschen oder Mäuschen größere Tiere werden, mit einer alten Ziege oder einer Schlange durchaus die gleiche Person gemeint sein kann.

Ein tierisches Vergnügen sollte auch die von Martina Tischlinger beschriebene Begegnung einer Frau und einer Ente bereiten, bei der nach anfänglichen Kommunikationsproblemen gemeinsames Quaken zur menschlichen Erkenntnis führt: „Man muss nur miteinanderreden.“

Noch viel zu reden gab es bei der „Nachlese“, für die Ute Rauschenbach mit Stammgästen der Literaturreihe nach dem Schließen des bezirkseigenen Lokales eine neue Form entwickelte: Man kommt improvisiert in der Gaststube zusammen.

Harald J. Munzinger in der Fränkischen Landeszeitung, 1.7.2011

Für „Uni“ keinen Platz

„Straßenkreuzer“ will Hilfe auch in Erlangen etablieren

Die Chefredakteurin des Sozialmagazins „Straßenkreuzer“, Ilse Weiß, hat bedauert, dass es in Erlangen keine passenden Räume für die „Straßenkreuzer Uni“ gibt.

Ilse Weiß und Barbara Kressmann vom Organisationsteam der „Straßenkreuzer Uni“ stellten die bisher in Nürnberg tätige „Uni“ für Bedürftige im Sozial- und Gesundheitsausschuss vor. Die „Uni“ hatte eigentlich geplant, auch in Erlangen tätig werden zu wollen. Dies sei allerdings an geeigneten Räumen gescheitert, erklärt Ilse Weiß. „Vielleicht kann jemand helfen?“

Die „Straßenkreuzer Uni“ biete sozial Bedürftigen, aber auch jedem anderen Interessierten die Möglichkeit, dazu zu lernen. „Bildung ist ein universeller Anspruch“, sagt Ilse Weiß. So würden auch Professoren der Universität Erlangen-Nürnberg in Obdachlosenunterkünften Vorträge halten. Rund 1100 Menschen hätten sich bis jetzt für die Themen interessiert, meint Barbara Kressmann.

Auf Nachfrage von Helga Steeger (SPD) erklärte Ilse Weiß, dass sich der „Straßenkreuzer“ überwiegend über Sponsoren finanziere.

Erlanger Nachrichten, 30.6.2011