Sie sind aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken: bettelnde Menschen, die vor dem Drogeriemarkt, dem Supermarkt oder vor der Kirche mit einem Becher vor sich sitzen. Meist über mehrere Monate hinweg am gleichen Ort, bis sie plötzlich wieder weg sind. Wer sind diese Leute, woher kommen sie und wohin verschwinden sie? Was bringt sie dazu, bei jedem Wetter draußen zu sein und auf Almosen zu hoffen?
Diesen Fragen geht der Filmemacher Andrei Schwartz in seinem Dokumentarfilm EUROPA PASSAGE nach. Er hat über einen Zeitraum von fünf Jahren eine Gruppe Roma begleitet, die mit Betteln für ihren Lebensunterhalt sorgt und dauerhaft zwischen Hamburg und Bukarest pendelt. Im Mittelpunkt steht das Ehepaar Maria und Tirloi, das dem Filmteam trotz vieler Hindernisse vertraut hat. Im Interview mit der Hamburger Straßenzeitung Hinz & Kunzt sagt der Regisseur rückblickend unter anderem, wie quälend Betteln sein kann. Nach vier, fünf Stunden in der Kälte habe er mal vorgeschlagen: „Maria, wir zahlen dir jetzt zehn Euro. Lass uns nach Hause was essen gehen.“ Der film-dienst sagt zu Europa Passage: „Das einfühlsame Langzeitporträt erzählt vom Dasein unter widrigsten Bedingungen und gibt den marginalisierten Menschen ein Gesicht und eine Stimme.“
Warum der Straßenkreuzer genau diesen Film präsentiert, liegt auf der Hand: Unser Magazin wird auch von rumänischen Landsleuten verkauft. Ob Rumänen oder Bulgaren – gerade Menschen aus diesen südlichen europäischen Ländern spüren oft Misstrauen und Ablehnung, haben mit Vorurteilen und Klischees zu kämpfen. Egal ob sie betteln wie im Film oder eine Straßenzeitung verkaufen. Wenn die Familien dann auch noch Sinti oder Roma sind, werden sie in Europa besonders schlimm diskriminiert und rassistisch belegt. Kein Wunder also, dass die rumänischen Landsleute im Verkaufsteam meist nicht über ihre Wurzeln sprechen möchten. Das muss auch nicht sein. Über das Leben in Rumänien, über Bildung und Chancen, das Weggehen und Ankommen, über den Verkauf des Magazins und die Erfahrungen damit gibt es viel zu erfahren.
Der Verein Straßenkreuzer lädt nach dem Film zum Austausch und Gespräch ein und will gerade jenen eine „Bühne“ geben, die nicht so leicht zu Wort kommen – Verkäuferinnen und Verkäufern aus Rumänien. Damit das gut klappt, wird Dagmar Jöhl vom Vorstand dabei sein, die Rumänisch spricht.
Chefredakteurin Ilse Weiß moderiert. Nino Schneeberger vom Landesverband Bayern der deutschen Sinti und Roma wird mitdiskutieren, Radoslav Ganev vom Verein „Romanity“ aus München ist angefragt. Sie können Antworten auf spezielle Fragen zu den Themen Sinti und Roma geben. Aus erster Hand. Der Eintritt ist für Film und Diskussion frei. Ein Verkäufer oder eine Verkäuferin wird im Eingangsbereich des Künstlerhauses den dann aktuellen Straßenkreuzer anbieten. Da geht doch was!
EUROPA PASSAGE
Regie: Andrei Schwartz
DE 2022, 94 Min.
So., 5.2. um 16 Uhr im
Filmhaus Kino Königstraße 94
Glasbau/Deck 1
Eintritt frei
Im Anschluss Expertengespräch u.a. mit Mitgliedern des Straßenkreuzer-Teams und Nino Schneeberger
Ilse Weiß | strassenkreuzer.info


