KREUZVERHÖR: Fitzgerald Kusz x Antonio Carlino

KREUZERVERHÖR
Fitzgerald Kusz x Antonio Carlino

Zum 25. Jubiläum des Straßenkreuzer e. V. bringen wir Menschen zusammen, die einiges gemeinsam haben – und doch ein Leben trennt. Denn sowohl unsere Verkäuferinnen und Verkäufer als auch prominente Personen der Region stehen tagtäglich in der Öffentlichkeit. Nur die Gründe könnten unterschiedlicher nicht sein. Für unser Magazin lernen sich im Jubiläumsjahr immer zwei von ihnen kennen, stellen sich einmal im Monat gemeinsam in die Öffentlichkeit – und erst im Heft einander und später nur zu gerne Ihren Fragen. Wann und wo Sie unsere in jeder Hinsicht prominenten Verkäufer besuchen können, finden Sie immer am Ende des Interviews. Jetzt aber erstmal: Ton ab im Café Deuerlein!
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Antonio: Hast du Sizilien je bereist?

Fitzgerald: Ich war vor ein paar Jahren in Palermo. Besonders die Katakomben haben mich beeindruckt. Agrigento habe ich damals auch besucht, im Rahmen einer archäologischen Rundreise. Mein Lieblingsort auf der Insel ist allerdings Syrakus, an der Ostküste. Was hat dich denn nach Nürnberg verschlagen?

Antonio: Ich bin als damals 14-Jähriger mit meiner Familie hergekommen und habe hier fast 35 Jahre auf dem Bau gearbeitet. Das Geld, das ich mit dem Verkauf vom Straßenkreuzer verdiene, versuche ich zu sparen, um nach Sizilien zurückkehren zu können. Ich habe zwar mehr Familie hier in Nürnberg als dort, aber irgendetwas, das ich nicht genau erklären kann, zieht mich nach 50 Jahren in Deutschland dorthin zurück.

Fitzgerald: Na ich verstehe dich da. In Sizilien gibt‘s guten Wein und gutes Essen. Aber was gefällt dir dann hier so gut, dass es dich schon 50 Jahre gehalten hat?

Antonio: Vor allem die Menschen. Man kann sie nicht alle über einen Kamm scheren, aber ich habe so viele nette Menschen kennen gelernt hier. Das gibt mir sehr viel und hat mich bisher hier gehalten. Seit ich den Straßenkreuzer verkaufe, und vielleicht weil ich schon so viele graue Haare habe, bin ich nicht mehr nur als Freund, sondern manchmal auch als Psychologe oder Beichtvater gefragt. Ist das bei dir ähnlich?

Fitzgerald: Eigentlich weniger, höchstens für meine Kinder.

Antonio: Würdest du in deinem Alter noch sagen, du übst einen Beruf aus oder würdest du auf eine entsprechende Frage antworten, dass du Rentner bist?

Fitzgerald: Ich würde antworten, dass ich im Unruhezustand bin. Ein Schriftsteller kann ja nicht einfach aufhören zu schreiben. Das endet mit dem Tod oder wenn man das geistig nicht mehr packt. Es ist natürlich so, dass ich jetzt kürzer trete und vor allem Projekte, die sehr zeitaufwendig sind, nicht mehr annehme. Deswegen habe ich in den letzten Jahren viele Gedichte geschrieben. Und ich trete sehr gerne mit dem Klaus Brandl auf. Blues und Kusz heißen wir, das macht immer sehr viel Spaß. Ende Oktober, Anfang November kommt unser neues Album „Stadt, Land, Kusz“. Es gibt also immer was zu tun.

Antonio: Was inspiriert dich zu deinem Schaffen?

Fitzgerald: Eigentlich alles Mögliche. Ich kann jetzt hier durch die Stadt gehen und plötzlich fällt mir was ein oder auf. Ich hab auch meistens was zu schreiben dabei, damit ich mir Ideen gleich aufschreiben kann.

Antonio: Gibt es für einen Unruhegeist wie dich einen Ort an den du dich zurückziehen kannst, um Ruhe zu finden?

Fitzgerald: Auf jeden Fall. Zum Beispiel ein Kaffee wie dieses hier, wo man Kaffee trinken und vor sich hin sinnieren kann. Solche Orte gibt es einige für mich. Mein kleiner Garten gehört auf jeden Fall auch dazu im Sommer. Da sitze ich gerne und lese. Was machst du, wenn du mal Zeit hast und dich entspannen willst?

Antonio: Ich setze mich gerne auf ein Glas Wein in ein Restaurant und lese Zeitung. Das ist für mich ein guter Tagesausklang. Wenn ich den ganzen Tag auf der Brücke stehe und verkaufe, frage ich mich schon manchmal ob das nicht alles zu viel ist. Das Glas Wein und die Zeitung in einer ruhigen Restaurantecke erden mich dann wieder.

Antonio Carlino ist gebürtiger Sizilianer und will nach Erreichen des Rentenalters in seinen Geburtsort Agrigento nahe der sizilianischen Hauptstadt Palermo zurückkehren. Der 64-jährige Straßenkreuzer-Verkäufer steht seit gut zehn Jahren fast täglich an der Museumsbrücke und ist neben seiner „hauptberuflichen“ Tätigkeit hin und wieder auch als Ratgeber und Psychologe gefragt.

Das heutige Eckental (früher: Forth) ist die Wiegenstadt von Fitzgerald Kusz (75), der in Nürnberg zur Schule ging und in Erlangen studiert hat. 1982 – sechs Jahre nach der Premiere von „Schweig, Bub!“ – hing er seinen erlernten Lehrerberuf endgültig an den Nagel und arbeitet seitdem als freier Schriftsteller. „Schweig, Bub!“ wurde in 13 deutsche Dialekte übersetzt und allein in Nürnberg über 700 Mal aufgeführt.

☞8.11.

Die „Muse“ steckt ja schon in der Museumsbrücke. Ob sich Antonio Carlino und Fitzgerald Kusz auch von ihr küssen lassen, werden Sie am 8.11. ab 10.30 Uhr beim gemeinsamen Verkauf an Antonios Platz erfahren.

Interview: David Lodhi | freier Journalist
Foto: Rebecca Schwarzmeier | schwarzmeier.co